Mandanteninfo April 2024

1. Verdeckte Gewinnausschüttung: Finanzamt in der Beweislast


Die Beweislast für eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) trägt das Finanzamt. Aus hohen Barrückführungen auf einem Gesellschafter-Verrechnungskonto kann nicht gefolgert werden, dass zusätzliche Betriebseinnahmen vorliegen. Kann die Herkunft dieser Zugänge nicht geklärt werden, kann diese nur dem Gesellschafter zugerechnet werden.

Hintergrund


B war Gesellschafter-Geschäftsführer der XY GmbH. Aufgrund einer Anzeige, nach der B Einnahmen der XY GmbH veruntreut und dadurch Steuern hinterzogen haben soll, ermittelte die Steuerfahndungsstelle, dass sich die Aufwendungen für den privaten Lebensunterhalt des B und dessen versteuerte Einkünfte nicht deckten. Ferner hatte B in bar Verbindlichkeiten gegenüber der XY GmbH auf den dortigen Verrechnungskonten getilgt und auch erhebliche Beträge auf seine privaten Konten eingezahlt.

Das Finanzamt behandelte diese Beträge als Betriebseinnahmen der XY GmbH und als vGA an B.
Gegen die entsprechenden Bescheide legte die XY GmbH Einspruch ein. B sei schon vor seinem Aufenthalt in Deutschland ein vermögender Mann gewesen. Auch habe er von Personen in Osteuropa wiederholt private Darlehen in bar erhalten. Hierzu wurden Darlehensverträge vorgelegt. Die angeforderten Nachweise über den Geldfluss der Barzahlungen aus den Darlehen wurden jedoch nicht vorgelegt.

Das Finanzamt wies die Einsprüche als unbegründet zurück. B habe seine privaten Vermögensverhältnisse mit der betrieblichen Sphäre der XY GmbH verknüpft. Die Bareinzahlungen seien als nicht verbuchte betriebliche Einnahmen zu behandeln.
B habe keine plausiblen und nachvollziehbaren Angaben über die Herkunft der Barmittel gemacht. Da er über keine anderweitigen Einkunftsquellen verfügte, sei der Schluss gerechtfertigt, dass diese aus unversteuerten Einnahmen der XY GmbH stammen.


Entscheidung


Das FG hat der Klage stattgegeben. Die Beweislast für das Vorliegen einer vGA trage das Finanzamt. Dieses habe bei der XY GmbH keine verhinderte Vermögensmehrung nachweisen können, die als vGA zu werten seien.

Die unaufgeklärten Kapitalzuführungen rechtfertigten nicht den Schluss, dass diese auf nicht versteuerten Einnahmen der XY GmbH beruhen, die für Zwecke des B verwendet wurden. Diese könnten auch auf eine eigene, bislang steuerlich nicht erfasste gewerbliche Tätigkeit des B zurückzuführen sein. Das gelte auch für die Rückführungen auf dem Verrechnungskonto bei der XY GmbH. Bei diesem handele es sich um ein Darlehen der Gesellschaft an den Gesellschafter-Geschäftsführer, das wie ein Girokonto bei einer Bank geführt wird. Aus hohen Barrückführungen auf dem Verrechnungskonto könne nicht unbedingt gefolgert werden, dass die Kapitalgesellschaft zusätzliche Betriebseinnahmen erzielt habe.

Die fehlende Aufklärung der Herkunft von beim Gesellschafter-Geschäftsführer festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächsen kann nach Auffassung des FG regelmäßig nur diesem persönlich zugerechnet werden.

2. Einbau einer Heizungsanlage in ein vermietetes Wohngebäude: Vorsteuerabzug?


Schuldet der Vermieter von Wohnraum zum vertragsgemäßen Gebrauch auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, stehen Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Vermietung. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat.

Hintergrund:
Die Klägerin, eine GbR, vermietete ein Haus mit 2 Wohnungen zu Wohnzwecken. Der Mietvertrag sah vor, dass sich die Miete aus der Grundmiete, den "kalten" Betriebskosten sowie den Heizungsbetriebskosten (Heizung und Warmwasser) zusammensetzte. Für die anfallenden Betriebs- und Heizkosten waren Vorauszahlungen zu leisten. Im September 2016 ließ die Klägerin als Ersatz für die bisherige Anlage eine neue Kesselanlage und Heizung sowie einen neuen Warmwasserspeicher (Heizungsanlage) für die vermieteten Wohnungen installieren. In der Umsatzsteuererklärung erklärte sie Umsätze zu 19 % aus den Wärme- und Warmwasserlieferungen in Höhe des Nettobetrags der entsprechenden Vorauszahlungen und machte Vorsteuerbeträge für den Erwerb und die Installation der Heizungsanlage geltend. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung war das Finanzamt der Auffassung, die Wärme- und Warmwasserlieferungen an die Mieter seien typische Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung. Ein Vorsteuerabzug scheide aus, weil die Klägerin ausschließlich steuerfreie Vermietungsumsätze getätigt habe. Dementsprechend setzte das Finanzamt die Umsatzsteuervorauszahlungen für Oktober bis Dezember 2016 auf jeweils 0 EUR fest. Dagegen legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.
Das FG gab der Klage überwiegend statt. Die Klägerin erbringe steuerpflichtige Wärme- und Warmwasserlieferungen an ihre Mieter und könne daher für die mit diesen Lieferungen im Zusammenhang stehenden Vorleistungen den Vorsteuerabzug geltend machen. Die Energielieferungen seien als selbstständige Lieferungen und nicht als unselbstständige Nebenleistungen der Vermietung zu betrachten.

Entscheidung:
Der BFH hält die Revision des Finanzamts für begründet. Das FG-Urteil ist insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage ist insgesamt abzuweisen. Entgegen dem Urteil des FG ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, da Erwerb und Installation der Heizungsanlage in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung standen. Hierzu führten die Richter u. a. aus: Erbringt der Unternehmer neben steuerpflichtigen Leistungen mit Recht auf Vorsteuerabzug auch steuerfreie Leistungen, für die der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, hängt das Recht zum Vorsteuerabzug u. a. davon ab, ob zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung der hierfür erforderliche Zusammenhang besteht. Für das Recht auf Vorsteuerabzug müssen danach jedenfalls die Kosten der Eingangsleistungen Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze finden, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt. Hängen die Eingangsleistungen hingegen – in diesem Sinne – mit steuerfreien Umsätzen oder mit nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfassten Umsätzen zusammen, kommt es nicht zum Vorsteuerabzug.
Danach ist das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als das FG der Klage stattgegeben hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

3. Umsatzsteuer: Keine Durchschnittsatzbesteuerung beim Verkauf von Sport-, Renn- und Turnierpferden

Die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG findet auf den Verkauf von Sport-, Renn- und Turnierpferden keine Anwendung.

Hintergrund:
Der Kläger betreibt eine Pferdezucht und einen Pferdehandel und erzielt damit einkommensteuerrechtlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und aus Gewerbebetrieb. Er erwarb mehrere junge Reitpferde, versorgte sie, bildete sie weiter aus und verkaufte sie weiter. Im Rahmen einer Außenprüfung für das Jahr 2013 vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass § 24 UStG nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und für landwirtschaftliche Dienstleistungen gelte. Der Verkauf zugekaufter Pferde falle nur dann unter die Vorschrift, wenn die zugekauften Produkte durch landwirtschaftliche Tätigkeiten zu einem Produkt anderer Marktgängigkeit weiterverarbeitet würden. Die zugekauften Pferde seien jedoch auch nach der Ausbildung durch den Kläger Reitpferde geblieben. Lediglich ihr Marktwert habe sich erhöht. Der Einspruch des Klägers, mit dem er vorbrachte, es komme allein darauf an, dass eine ausreichende Futtergrundlage für die gehaltenen Tiere vorhanden bzw. die Vieheinheitengrenze gem. § 51 BewG nicht überschritten sei, blieb erfolglos. Die Klage beim FG hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Entscheidung
Der BFH bestätigt die Rechtsauffassung des FG. Nach der im Streitjahr 2013 geltenden Fassung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird für die "im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" die Steuer auf 10,7 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Vorsteuerbeträge betragen i. d. R. ebenfalls 10,7 % dieser Umsätze und ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt. Durch diese Regelungen gleichen sich damit die Umsatzsteuer und die Vorsteuer aus, sodass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat. Nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG gelten als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.
"Landwirtschaftliche Erzeugnisse" sind nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 und 5 sowie Abs. 2 MwStSystRL die Gegenstände, die im Rahmen der in Anhang VII MwStSystRL aufgeführten Tätigkeiten von land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben der einzelnen Mitgliedstaaten erzeugt werden.
"Landwirtschaftliche Dienstleistungen" sind Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen Ausrüstung seines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen, u. a. insbesondere die in Anh. VIII MwSystRL aufgeführten Dienstleistungen.
Den in Anh. VII MwSystRL aufgeführten Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung gleichgestellt sind die Verarbeitungstätigkeiten, die ein Landwirt bei im Wesentlichen aus seiner landwirtschaftlichen Produktion stammenden Erzeugnissen mit Mitteln ausübt, die normalerweise in land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.
In Anh. VII MwSystRL sind beispielsweise Tierzucht und Tierhaltung in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung, Viehzucht und -haltung, Geflügelzucht und -haltung, Kaninchenzucht und -haltung, Imkerei, Seidenraupenzucht und Schneckenzucht aufgeführt.
§ 24 UStG ist im Lichte der Art. 295 ff. MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen.
Daran gemessen sind die Lieferungen der Pferde steuerbar und zum Regelsteuersatz steuerpflichtig. Sie fallen nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung.
Soweit Sport-, Turnier- oder Freizeitpferde im Rahmen der Erbringung sonstiger Leistungen an die Pferdehalter von Landwirten gehalten werden, kommt die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG nicht zur Anwendung, weil Sport- und Freizeitpferde kein "Vieh" sind.
Die Pferde sind auch keine andere in Anh. VII Nr. 2 MwStSystRL genannte Tierart, auf die die Durchschnittssatzbesteuerung angewendet werden darf. Sie sind schon aus diesem Grund keine landwirtschaft-lichen Erzeugnisse i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL, sodass ihre Lieferung nicht unter Art. 300 Nr. 1 MwStSystRL fällt.
Die Anwendung des Art. 295 Abs. 2 MwStSystRL scheidet außerdem deshalb aus, weil der Kläger die reiterliche Ausbildung der Pferde nicht mit Mitteln ausübt, die normalerweise in land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden. Die ertragsteuer-rechtliche und bewertungsrechtliche Beurteilung ist wegen des Gebots der unionsrechtskonformen Auslegung für § 24 UStG nicht maßgeblich. Das gilt auch für die Frage der Zurechnung einer Tierzucht oder Tierhaltung zur Landwirtschaft.

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