Mandanteninfo Juni 2024

1. Anhebung der Schwellenwerte HGB


Durch das „Zweite Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften“ vom 16.04.2024 wurden die handelsrechtlichen Schwellenwerte für die Bestimmung der Größenklassen (§§ 267, 267a HGB) angehoben. Sie betragen nun:

Kleinstkapitalgesellschaft:
• Bilanzsumme: 450.000 EUR (bisher: 350.000 EUR)
• Umsatz: 900.000 EUR (bisher: 700.000 EUR)
• Arbeitnehmer: 10 (unverändert)

Kleine Kapitalgesellschaft
• Bilanzsumme: 7.500.000 EUR (bisher: 6.000.000 EUR)
• Umsatz: 15.000.000 EUR (bisher 12.000.000 EUR)
• Arbeitnehmer: 50 (unverändert)

Mittelgroße Kapitalgesellschaft
• Bilanzsumme: 25.000.000 EUR (bisher: 20.000.000 EUR)
• Umsatz: 50.000.000 EUR (bisher: 40.000.000 EUR)
• Arbeitnehmer: 250 (unverändert)

Auch für die Konzernberichterstattung (§ 293 HGB) wurden die Schwellenwerte angepasst und um ca. 25% erhöht.

Die neuen Schwellenwerte sind verpflichtend erstmals auf Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2023 beginnen. Freiwillig können sie auch schon auf ein nach dem 31.12.2022 beginnendes Geschäftsjahr angewendet werden.

2. Verfällt der Urlaub bei einer Langzeiterkrankung?


Bei Langzeiterkrankungen beginnt die 15-monatige Verfallfrist ausnahmsweise unabhängig von der Erfüllung der Hinweisobliegenheiten des Arbeitgebers, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers so früh im Urlaubsjahr eintritt, dass es dem Arbeitgeber tatsächlich nicht möglich war, seiner Hinweisobliegenheit nachzukommen.

Hintergrund:
Der Kläger war seit dem 1.11.1989 bei der Beklagten beschäftigt. Der TVöD-V fand auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Seit dem 18.1.2016 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welches durch Aufhebungsvertrag mit Ablauf des 28.2.2019 endete, war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger klagte nun auf Abgeltung von 30 Arbeitstagen Urlaub aus dem Jahr 2016. Er begründete dies damit, dass sein Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2016 trotz der durchgehenden krankheitsbedingten Fehlzeit nicht nach 15 Monaten mit Ablauf des 31.3.2018 erloschen sei, weil die Beklagte ihn nicht durch Erfüllung ihrer Mitwirkungsobliegenheiten in die Lage versetzt habe, den Urlaub tatsächlich wahrzunehmen.

Entscheidung
Das BAG führt zunächst aus, dass der Urlaub nach Ablauf von 15 Monaten erlischt, wenn Beschäftigte seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres arbeitsunfähig gewesen sind. In diesem Fall verfällt der Urlaubsanspruch unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist oder nicht.
Demgegenüber kann ein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub aus einem Bezugszeitraum, in dessen Verlauf der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat, bevor er aufgrund einer seitdem fortbestehenden Krankheit arbeitsunfähig geworden sei, bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG grundsätzlich nur dann nach Ablauf eines Übertragungszeitraums von 15 Monaten erlöschen, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten rechtzeitig nachgekommen sei.
Der Arbeitgeber habe jedoch das Risiko, dass der Urlaub wegen einer im Urlaubsjahr eintretenden Krankheit nicht erfüllt werden könne, nur zu tragen, soweit er im Urlaubsjahr tatsächlich die Möglichkeit gehabt hatte, seinen Mitwirkungsobliegenheiten auch nachzukommen. Wenn aber die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers so früh im Urlaubsjahr eintritt, dass es dem Arbeitgeber tatsächlich nicht möglich gewesen ist, den Arbeitnehmer zur Inanspruchnahme des Urlaubs zu veranlassen, so dass der Beschäftigte selbst bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Arbeitgeber den Urlaub nicht vollständig habe nehmen können, erlischt der Urlaubsanspruch bei fortdauernder Erkrankung unabhängig von der Mitwirkung des Arbeitgebers mit Ablauf eines Übertragungszeitraums 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.
Für die Frage, ob der Arbeitgeber die Beschäftigten rechtzeitig aufgefordert habe, ihren Urlaub zu nehmen, und ihnen klar mitgeteilt habe, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfalle, wenn er nicht beantragt werde, sei auf den Zugang der Erklärung bei den Beschäftigten abzustellen. Die Aufforderung und der Hinweis müssten zwar nicht sofort nach der Entstehung des Urlaubsanspruchs erfolgen, sondern entsprechend der Legaldefinition nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern des Arbeitgebers. Die Zeitspanne, die dem Arbeitgeber zur Vorbereitung und Durchführung der Belehrung einzuräumen sei, richte sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls. Da nach Auffassung des BAG die Berechnung des Urlaubsanspruchs und die Formulierung der Belehrung grundsätzlich keine besonderen Schwierigkeiten bereite, sei unter normalen Umständen – wenn keine Besonderheiten, wie z. B. Betriebsferien zu Jahresbeginn – vorliegen, eine Zeitspanne von einer (Urlaubs-)Woche, d. h. in Anlehnung an § 3 BUrlG 6 Werktage nach Entstehung des Urlaubsanspruches, was nach § 1 BUrlG zu Beginn des Kalenderjahres, d. h. zum 1. Januar, sei, ausreichend.
Im Hinblick auf die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers gelten die dargestellten Grundsätze nicht nur für den gesetzlichen Mindesturlaub, sondern auch für den tariflichen Mehrurlaub. Die Tarifvertragsparteien des TVöD hätten in dieser Hinsicht den tariflichen Mehrurlaub nicht abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt.
Im vorliegenden Fall erachtete das BAG die Klage als unbegründet, soweit der Kläger die Abgeltung von 25 Arbeitstagen Urlaub verlangte. Aufgrund der am 18.1.2016 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit des Klägers hätten zwischen Montag, dem 4.1.2016, und Freitag, dem 15.1.2016, nur 10 Arbeitstage gelegen, an denen der Urlaubsanspruch hätte erfüllt werden können. Zudem habe die Beklagte ihre Mitwirkungsobliegenheiten nicht vor dem 8.1.2016 erfüllen müssen. Erst nach Ablauf der Frist sei das Risiko, dass Urlaubsansprüche wegen einer Langzeiterkrankung verfielen, auf die Beklagte übergegangen.

3. Verdeckte Gewinnausschüttung: Finanzamt in der Beweispflicht


Die Beweislast für eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) trägt das Finanzamt. Aus hohen Barrückführungen auf einem Gesellschafter-Verrechnungskonto kann nicht gefolgert werden, dass zusätzliche Betriebseinnahmen vorliegen. Kann die Herkunft dieser Zugänge nicht geklärt werden, kann diese nur dem Gesellschafter zugerechnet werden.

Hintergrund
B war Gesellschafter-Geschäftsführer der XY GmbH. Aufgrund einer Anzeige, nach der B Einnahmen der XY GmbH veruntreut und dadurch Steuern hinterzogen haben soll, ermittelte die Steuerfahndungsstelle, dass sich die Aufwendungen für den privaten Lebensunterhalt des B und dessen versteuerte Einkünfte nicht deckten. Ferner hatte B in bar Verbindlichkeiten gegenüber der XY GmbH auf den dortigen Verrechnungskonten getilgt und auch erhebliche Beträge auf seine privaten Konten eingezahlt.

Das Finanzamt behandelte diese Beträge als Betriebseinnahmen der XY GmbH und als vGA an B.

Gegen die entsprechenden Bescheide legte die XY GmbH Einspruch ein. B sei schon vor seinem Aufenthalt in Deutschland ein vermögender Mann gewesen. Auch habe er von Personen in Osteuropa wiederholt private Darlehen in bar erhalten. Hierzu wurden Darlehensverträge vorgelegt. Die angeforderten Nachweise über den Geldfluss der Barzahlungen aus den Darlehen wurden jedoch nicht vorgelegt.

Das Finanzamt wies die Einsprüche als unbegründet zurück. B habe seine privaten Vermögensverhältnisse mit der betrieblichen Sphäre der XY GmbH verknüpft. Die Bareinzahlungen seien als nicht verbuchte betriebliche Einnahmen zu behandeln.

B habe keine plausiblen und nachvollziehbaren Angaben über die Herkunft der Barmittel gemacht. Da er über keine anderweitigen Einkunftsquellen verfügte, sei der Schluss gerechtfertigt, dass diese aus unversteuerten Einnahmen der XY GmbH stammen.

Entscheidung
Das FG hat der Klage stattgegeben. Die Beweislast für das Vorliegen einer vGA trage das Finanzamt. Dieses habe bei der XY GmbH keine verhinderte Vermögensmehrung nachweisen können, die als vGA zu werten seien.

Die unaufgeklärten Kapitalzuführungen rechtfertigten nicht den Schluss, dass diese auf nicht versteuerten Einnahmen der XY GmbH beruhen, die für Zwecke des B verwendet wurden. Diese könnten auch auf eine eigene, bislang steuerlich nicht erfasste gewerbliche Tätigkeit des B zurückzuführen sein. Das gelte auch für die Rückführungen auf dem Verrechnungskonto bei der XY GmbH. Bei diesem handele es sich um ein Darlehen der Gesellschaft an den Gesellschafter-Geschäftsführer, das wie ein Girokonto bei einer Bank geführt wird. Aus hohen Barrückführungen auf dem Verrechnungskonto könne nicht unbedingt gefolgert werden, dass die Kapitalgesellschaft zusätzliche Betriebseinnahmen erzielt habe.

Die fehlende Aufklärung der Herkunft von beim Gesellschafter-Geschäftsführer festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächsen kann nach Auffassung des FG regelmäßig nur diesem persönlich zugerechnet werden.

4. Versteuerung sofort bei Zufluß versus Verteilung auf die Laufzeit


Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren beruhen, können auf den Zeitraum gleichmäßig verteilt werden, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Dies setzt nicht voraus, dass die genaue Zeitdauer der Nutzungsüberlassung im Vorauszahlungszeitpunkt bereits fest vereinbart ist. Die Zeitdauer muss jedoch anhand objektiver Umstände – ggf. im Wege einer Schätzung – zumindest bestimmbar sein.

Hintergrund:
Der Kläger schloss mit einer GmbH am 25.9.2017 einen Nutzungsvertrag, aufgrund dessen er der GmbH landwirtschaftliche Flächen zur Nutzung für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und zur Generierung von sog. Ökopunkten zur Verfügung stellte. Der Nutzungsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte frühestens nach Ablauf von 30 Jahren ordentlich gekündigt werden. Von dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung unberührt blieb das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Ferner verpflichtete sich der Kläger, zugunsten der GmbH sowie zugunsten der zuständigen Behörde beschränkt persönliche Dienstbarkeiten zu bestellen. Schließlich verpflichtete sich die GmbH, zum Ende der Vertragslaufzeit die Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechte zu bewilligen und zu beantragen.

Nach den im Rahmen der Veranlagungen vorgelegten Abrechnungen erhielt der Kläger von der GmbH die folgenden Beträge (netto): 2017 2.000 EUR, 2018 10.000 EUR, 2018 10.000 EUR, 2019 19.125 EUR, 2019 2.715 EUR, Summe 43.840 EUR.

Das Finanzamt ordnete diese Beträge in den jeweiligen Streitjahren den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu. Die beantragte Verteilung der Einnahmen aus dem Nutzungsvertrag auf 20 Jahre lehnte es ab.

Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FG wies die Klage ab.

Entscheidung
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Zutreffend habe das FG die Zahlungen der GmbH an den Kläger den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugeordnet und deren Aufteilung auf einen Zeitraum von 20 Jahren abgelehnt.

Der Kläger habe aus dem Nutzungsvertrag Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Die tatsächliche Würdigung des FG, der wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarungen liege in einer Nutzungsüberlassung der Grundstücke, sei nicht zu beanstanden. Das FG hat seine Würdigung auf die vertraglichen Vereinbarungen des Klägers mit der GmbH gestützt. Der hieraus gezogene Schluss, der wirtschaftliche Schwerpunkt des zwischen der GmbH und dem Kläger geschlossenen Vertrags liege auf einer mit einer Vermietung oder Verpachtung vergleichbaren Nutzungsüberlassung des Grundstücks des Klägers, verbunden mit dem Recht der GmbH, die festgesetzten und eingebuchten Ökopunkte zu verwerten, sei möglich und weder durch Denkfehler noch durch die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst. Diese tatsächliche Würdigung binde den BFH.

Ebenfalls in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise habe das FG eine Verteilung der Zahlungen der GmbH auf eine Laufzeit von 20 Jahren nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG abgelehnt, da ein (konkreter) Vorauszahlungszeitraum von mehr als 5 Jahren weder bestimmt noch bestimmbar sei.
Im Streitfall liege nach den Feststellungen des FG zwar ein Nutzungsüberlassungszeitraum von mehr als 5 Jahren vor, da die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des Vertrags für 30 Jahre ausgeschlossen worden sei. Gleichwohl fehle ein bestimmbarer Vorauszahlungszeitraum.

Bei Bezug der Einnahmen, deren Verteilung in Rede stehe, müsse feststehen, dass der Vorauszahlungszeitraum für die Nutzungsüberlassung mehr als 5 Jahre beträgt. Hierfür genüge nicht schon der Abschluss eines unbefristeten, ordentlich kündbaren Vertrags über eine Nutzungsüberlassung. Zwar verlange das Gesetz nicht, dass die genaue Zeitdauer der Nutzungsüberlassung im Vorauszahlungszeitpunkt bereits fest vereinbart sei. Erforderlich, aber auch ausreichend sei vielmehr, dass der (5 Jahre überschreitende) Vorauszahlungszeitraum anhand objektiver Umstände – und sei es auch im Wege sachgerechter Schätzung – feststellbar (bestimmbar) sei. Denn die gleichmäßige Verteilung der Vorauszahlung auf den Vorauszahlungszeitraum setze denknotwendig voraus, dass dieser Zeitraum jedenfalls bestimmbar sei. Andernfalls sei eine gleichmäßige Verteilung der Einnahmen auf den Vorauszahlungszeitraum nicht möglich.

Gemessen an diesen Maßstäben und den tatsächlichen Feststellungen des FG sei der Vorauszahlungszeitraum weder bestimmt noch bestimmbar. Zwar stehe im Streitfall aufgrund des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung für 30 Jahre ein Mindestnutzungszeitraum fest. Gleichwohl fehlten objektive Anhaltspunkte, anhand derer sich ein Ende der Nutzungsüberlassung bzw. des Vorauszahlungszeitraums – ggf. im Schätzungswege – feststellen ließe.

Dem FG sei zuzustimmen, dass allein der Umstand, eine ordentliche Kündigung (nach Ablauf von 30 Jahren) sei möglich, noch kein objektiver Beleg dafür sei, dass eine Kündigung auch erfolgen werde. Wie das FG zu Recht ausführe, bedürfe es – anders als im Fall einer Befristung – eines aktiven Handelns der Vertragspartner, dessen Eintritt unsicher sei.
Wirtschaftliche Gründe, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen ließen, dass der Vertrag nach Ablauf von 30 Jahren gekündigt würde und damit die Nutzungsüberlassung und der Vorauszahlungszeitraum endeten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

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