Mandanteninfo Mai 2023

1. Einspruch einlegen gegen Grundsteuerbescheid?


Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat in einer Pressemitteilung vom 18. April bekannt gegeben, Musterverfahren gegen die aktuellen Grundsteuerbescheiden in den Bundesländern zu führen, welche die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer nach dem sog. Bundesmodell ermitteln. Entsprechende Musterprozesse seien bereits in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und in Nordrhein-Westfalen anhängig.
Hierzu hat der BdSt gemeinsam mit den Haus- & Grund-Verbänden ein Rechtsgut-achten bei Herrn Prof. Dr. Gregor Kirchhof (Uni Augsburg) in Auftrag gegeben. Dieses legt erhebliche Zweifel an der verfassungsrecht-lichen Zulässigkeit der neuen Grundsteuer offen.
Laut dem Gutachten bestehen bereits Probleme, wie der Bund seine Gesetzgebungs-kompetenz genutzt habe. Das Gesetz enthalte „erhebliche kompetenzrechtliche Konstruktions-fehler“, welche im Ergebnis zu einer Verfassungswidrigkeit führen würden.
Der ganz wesentliche Kritikpunkt betrifft jedoch ausdrücklich (nur) die Berechnungsmethodik des Bundesmodells und des Modells Baden-Württembergs: Nach Prof. Kirchhof sind die Bodenrichtwerte nicht als Rechengröße für die Berechnung der Grundsteuer tauglich, da diese nicht vergleichbar wären und systematische Bewertungslücken aufweisen würden. Der Bund schaffe damit kein eigenes Bewertungssystem für die Grundsteuer, obwohl das Bundesverfassungsgericht ein solches System ausdrücklich verlangt habe. Das an der Einkommensteuer orientierte Bewertungssystem stelle daher einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes dar. Daneben bemängelt Prof. Kirchhof, dass individuelle Umstände nicht hinreichend berücksichtigt werden könnten, wie z.B. Baulasten, Denkmalschutz-Auflagen, Immissionen, Baumängel oder ein besonders guter Erhaltungszustand. Damit werden maßgebliche Parameter gleichheitswidrig außer Acht gelassen.
Der Bund der Steuerzahler Deutschland sowie Haus & Grund Deutschland appellieren an die Bundesregierung sich für ein Grundsteuersystem der Länder Bayern, Hamburg, Hessen oder Niedersachsen zu entscheiden. Die notwendigen Daten seien vorhanden, der Vollzug ist weitgehend vorbereitet.
Im Umkehrschluss heißt dies, dass sich gerade Grundbesitzer aus diesen Bundesländern leider nicht an die Musterklagen des BdSt „anhängen“ können. Die verfassungsrechtlichen Zweifel betreffen nach dem Gutachten von Prof. Kirchhof lediglich das Bundesmodell, sowie ausdrücklich darüber hinaus das Bodenwertmodell Baden-Württembergs. Nur in diesen Fällen können entsprechende Einsprüche nunmehr auf die Musterklagen des BdSt gestützt werden.

2. Bundesfinanzhof entscheidet zu Kryptowerten

Bezüglich der Besteuerung von Kryptowerten (z.B. Bitcoin) sind viele Fragen offen. Die Finanzverwaltung hat sich hierzu bereits im Jahr 2022 mit einem BMF-Schreiben positioniert. Demnach geht sie im Kern davon aus, dass es sich bei Kryptowerten um „Wirtschaftsgüter“ handelt, womit der Gewinn aus dem An- und Verkauf der Besteuerung unterliegt. Für den Kryptohandel im privaten Bereich gilt dies allerdings nur, wenn An- und Verkauf innerhalb eines Jahres erfolgen.
Jedenfalls für die Besteuerung des Veräußerungsgewinns bei den Krypto-währungen Bitcoin, Ethereum und Monero hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun in einem kürzlich veröffentlichten Urteil diese Sichtweise bestätigt. Im Streitjahr 2017 hatte der Kläger aus dem privaten Handel mit den genannten Krpytowerten einen Gewinn i.H.v. 3,4 Mio. EUR erzielt. Strittig war,
1. ob hier tatsächlich Wirtschaftsgüter vorliegen, so dass die Veräußerungs-gewinne der Besteuerung unterliegen und
2. ob im Streitjahr ein sog. „strukturelles Vollzugsdefizit“ bestand, welches die Finanzverwaltung aus verfassungs-rechtlichen Gründen an der Erhebung der Steuer hindern könnte
Beide Fragen entschied der BFH zugunsten der Finanzverwaltung.


2.1 Virtuelle Währungen als Wirtschaftsgut


Virtuelle Währungen (Currency Token, Payment Token) stellen seiner Ansicht nach „Wirtschaftsgüter“ dar. Der Begriff des Wirtschaftsguts sei weit zu fassen. Er umfasse neben Sachen und Rechten auch tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile, deren Erlangung sich ein Steuerpflichtiger etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer gesonderten selbständigen Bewertung zugänglich sind. Diese Voraussetzungen sieht der BFH bei virtuellen Währungen als gegeben. Bitcoin, Ethereum und Monero seien wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen. Sie würden auf Handelsplattformen und Börsen gehandelt, haben einen Kurswert und könnten für direkt zwischen Beteiligten abzuwickelnde Zahlungsvorgänge Verwendung finden. Technische Details bzw. Unterschiede der einzelnen virtuellen Währungen sah der BFH als nicht relevant an.


2.2 Strukturelles Vollzugsdefizit


Der BFH hatte auch keine verfassungsrechtlichen Zweifel aufgrund eines etwaigen strukturellen Vollzugdefizits. Es seien weder gegenläufige Erhebungsregelungen vorhanden, die einer Besteuerung entgegenstünden, noch lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass seitens der Finanzverwaltung Gewinne und Verluste aus Geschäften mit Kryptowährungen nicht ermittelt und erfasst werden könnten. Dass es Steuerpflichtigen in Einzelfällen gelänge, sich der Besteuerung beim Handel mit Kryptowerten zu entziehen, könne ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht begründen.


2.3 Fazit


Die wesentlichen Grundannahmen der Finanzverwaltung bezüglich Besteuerung von Kryptowerten wurden durch das BFH-Urteil nunmehr höchstrichterlich bestätigt. Auch wenn die Entscheidung (insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob ein strukturelles Vollzugsdefizit vorliege) auf Kritik stößt, sind damit jedenfalls für Zeiträume ab 2017 wichtige steuerliche Fragen geklärt.

3. PV-Anlage: Vorsteuerabzug bei Dachreparatur am Einfamilienhaus


Ob der Vorsteuerabzug für eine Dachreparatur am selbst genutzten Einfamilienhaus möglich ist, wenn dieses bei der unsachgemäßen Montage einer unternehmerisch genutzten Photovoltaikanlage (PV-Anlage) beschädigt worden ist, musste jüngst der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden.


3.1 Sachverhalt


Der Kläger war als Betreiber einer PV-Anlage auf dem eigengenutzten Einfamilienhaus unternehmerisch tätig. Den erzeugten Strom lieferte er umsatzsteuerpflichtig an den örtlichen Netzbetreiber (= kein Kleinunternehmer). Aus den Anschaffungskosten für die PV-Anlage zog er die Vorsteuern.
Nach ca. 10 Jahren zeigten sich Feuchtigkeitsschäden am Dach. Es stellte sich heraus, dass damals bei der Montage der Anlage die Dachziegel unsachgemäß durchbohrt worden waren, wodurch Feuchtigkeit eindringen konnte.
Der Kläger beauftragte eine Zimmerei- und Dachdeckerei mit der erforderlichen Sanierung des Daches. Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer machte er als Vorsteuer beim Finanzamt geltend. Er begründete dies damit, dass die Montage der unternehmerisch genutzten PV-Anlage ursächlich für den entstandenen Schaden gewesen sei.
Das Finanzamt verwies dagegen darauf, dass es auf die Verursachung des Schadens nicht ankomme. Maßgeblich sei, ob das reparierte Dach des Einfamilienhauses Teil des Unternehmensvermögens des Klägers sei. Nur dann wäre die Dachreparatur für das Unternehmen des Klägers bezogen bzw. verwendet worden. Da diese Voraussetzung nicht erfüllt war, wurde der Vorsteuerabzug versagt.


3.2 Entscheidung des BFH


Der BFH gab nun dem Kläger Recht. Wird aufgrund der unsachgemäßen Montage einer unternehmerisch genutzten PV-Anlage das Dach eines eigenen Wohnzwecken dienenden Hauses beschädigt, so stehe dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Schadens notwen-digen Zimmerer- und Dachdecker-arbeiten der Vorsteuerabzug nach Ansicht der obersten Finanzrichter zu.
Maßgebend für den Vorsteuerabzug sei entgegen der Auffassung des Finanzamts nämlich nicht nur die Verwendung der vom Steuerpflichtigen bezogenen Eingangsleistung, sondern auch der ausschließliche Entstehungs-grund des Eingangsumsatzes. Die weitere auch zu eigenen Wohnzwecken dienende Nutzung des Hausdachs sei für den Vorsteuerabzug jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn dem Unternehmer über die Schadensbeseitigung hinaus in seinem Privatvermögen kein verbrauchsfähiger Vorteil verschafft würde.


3.3 Auswirkungen der neuen Rechtslage ab 2023?


Seit dem 01. Januar 2023 fällt auf die Lieferung und Installation einer PV-Anlage unter bestimmten Bedingungen keine Umsatzsteuer mehr an (sog. „Nullsteuersatz“). Die begünstigten Leistungen umfassen dabei auch die photovoltaikanlagenspezifischen Arbeiten, die ausschließlich dazu dienen, eine Photovol-taikanlage sicher für das Gebäude und für die sich darin befindlichen Menschen zu betreiben (z.B. photovoltaikanlagenspezifische Elektro-installation). Allerdings unterliegen Arbeiten, die auch anderen Zwecken als dem Betrieb der PV-Anlage zugutekommen, nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht dem Nullsteuersatz. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie (wie hier) isoliert von der Installation der Anlage beauftragt wurden.
In vergleichbaren Fällen ab dem 01. Januar.2023 ist daher davon auszugehen, dass weiterhin Umsatzsteuer auf die Dachreparatur anfällt. Der Vorsteuerabzug ist dann unter den vom BFH aufgestellten Grundsätzen möglich. Ist der Betreiber der PV-Anlage Kleinunternehmer scheidet ein Vorsteuerabzug aus.

4. Veräußerung Einfamilienhaus nach Ehescheidung


Lassen sich Ehegatten scheiden, die gemeinsam ein Eigenheim besitzen, so führt dies häufig zu steuerlichen Problemen. Veräußert nämlich einer der beiden im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung seinen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Eigenheim an den früheren Ehepartner, so kann der Verkauf als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung unterfallen, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre gelegen haben. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil nun noch einmal bekräftigt.
Im entschiedenen Fall hatte der Kläger zusammen mit seiner früheren Ehefrau im Jahr 2008 ein Einfamilienhaus erworben und dieses zunächst mit ihrem gemeinsamen Kind bewohnt. Nachdem die Ehe in die Krise geriet, zog der Ehemann 2015 aus dem Objekt aus. Die Ehefrau verblieb mit dem gemeinsamen Kind in der Immobilie. Anschließend wurde die Ehe geschieden.
Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung im Scheidungsverfahren kam es zwischen den getrennt lebenden Ehepartnern zum Streit über die Immobilie. Nachdem die Ehefrau dem Kläger die Versteigerung angedroht hatte, veräußerte der Ehemann im Jahr 2017 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Ehefrau. Diese nutzte die Immobilie weiterhin mit dem gemeinsamen Kind zu eigenen Wohnzwecken.
Aufgrund der mittlerweile gestiegenen Immobilienpreise veräußerte der Kläger seinen Miteigentumsanteil zu einem über den ursprünglichen Anschaffungskosten liegenden Preis – erzielte also einen Gewinn. Das Finanzamt unterwarf diesen Gewinn der Einkommensteuer.
Der BFH bestätigte nun die Vorgehensweise des Finanzamts. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft läge vor, wenn eine Immobilie innerhalb von 10 Jahren angeschafft und wieder veräußert würde. Dies gelte auch für einen hälftigen Miteigentumsanteil, der im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach einer Ehescheidung von einem Miteigentümer an den anderen veräußert würde.
Die Ausnahmeregelung, wonach die Veräußerung einer Immobilie dann nicht steuerbar ist, wenn die Immobilie durchgängig zwischen Anschaffung und Veräußerung oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, greife vorliegend nicht. Ein in Scheidung befindlicher Ehegatte nutze das in seinem Miteigentum stehende Immobilienobjekt nämlich nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken, wenn er ausgezogen sei und nur noch sein geschiedener Ehegatte und das gemeinsame Kind weiterhin dort wohnten.
Es läge hier auch keine Zwangslage vor, wie dies etwa bei einer Enteignung oder einer Zwangsversteigerung der Fall sei. Zwar habe die geschiedene Ehefrau ihren Ex-Partner erheblich unter Druck gesetzt. Letztlich habe dieser aber seinen Anteil an dem Einfamilienhaus an seine geschiedene Frau freiwillig veräußert.

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Mai 2023.pdf (195,8 KiB)

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