Mandanteninfo Mai 2024

1. Wachstumschancengesetz


Der Bundesrat hat am 22. März 2024 nach zähem Ringen dem Wachstumschancengesetz zugestimmt. Damit ist der Weg frei geworden für eine Reihe aktueller steuerlicher Änderungen. Nachfolgend möchten wir Sie über die wesentlichen Änderungen informieren.

1.1 Hinweise für alle Steuerpflichtigen

Erhöhung des Grundfreibetrags
Der Grundfreibetrag erhöht sich im für das Jahr 2024 auf 11.604 EUR für Ledige und auf 23.208 EUR für zusammenveranlagte Steuerzahler.

Anhebung Unterhalthöchstbetrag
Leisten Steuerpflichtige an den Ex-Partner oder Kinder, für die kein Kindergeldanspruch besteht, Unterhaltszahlungen, können diese Zahlungen unter bestimmten Voraussetzungen steuermindernd als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Auch dieser wird entsprechend dem Grundfreibetrag im Jahr 2024 auf 11.604 EUR angehoben.

Hinweis: Werden die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung der unterstützten Person übernommen, dürfen diese zusätzlich zum Höchstbetrag als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Private Veräußerungsgeschäft
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften nach waren bis zum Jahr 2024 nicht zu versteuern, wenn sie nicht mehr als 600 EUR im Jahr betrugen. Ab dem 01. Januar 2024 ist nunmehr die Grenze für Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften auf 1.000 EUR angehoben worden.


Beachten Sie: Bei den 1.000 EUR handelt es sich um eine Freigrenze. Liegen die Gewinne über diesem Betrag läuft die Steuerfreiheit ins Leere, d.h. es findet dann eine vollständige Versteuerung ab dem ersten EUR Gewinn statt.

Rentenbesteuerung
Durch die Umstellung auf eine nachgelagerte Besteuerung von Renten wird seit dem Jahr 2020 der Besteuerungsanteil in Abhängigkeit vom Rentenbeginn jährlich um einen Prozentpunkt angehoben.

Zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung wird nunmehr – bereits ab dem Jahr 2023 - der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Für die Kohorte 2023 beträgt demnach der maßgebliche Besteuerungsanteil anstatt 83 % nur noch 82,5 %.

Änderung des Altersentlastungsbetrags
Ab Vollendung des 64. Lebensjahres erhalten Steuerpflichtige einen Altersentlastungsbetrag für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, für Mieteinkünfte oder für gewerbliche und freiberufliche Einkünfte.

Dieser Altersentlastungsbetrag mindert sich seit 2005 für jeden neuen Jahrgang und sollte ursprünglich ab dem Jahr 2040 auf 0 EUR abgeschmolzen sein. Nunmehr wurde – im Zusammenhang mit der Beseitigung der Doppelbesteuerung von Renten – auch diese Regelung bis in das Jahr 2058 gestreckt.

Temporäre Erweiterung des Verlustvortrags
Ein Verlustvortrag ist bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. EUR/2 Mio. EUR in unbegrenzter Höhe zulässig.
Für den Betrag, der den Sockelbetrag überschreitet, war der Verlustvortrag bis Ende 2023 auf 60 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortrags-jahrs begrenzt.

Für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 wird der Verlustvortrag vorübergehend auf 70 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortrags-jahres erhöht.

1.2 Hinweise für Arbeitnehmer

Übernachtungspauschalen
Die gesetzliche Pauschale für Arbeitnehmer, die ihre berufliche Tätigkeit vorwiegend auf Kraftfahrzeugen ausüben und auch dort übernachten (z. B. Berufskraftfahrer), ist von 8 EUR je Kalendertag auf 9 EUR je Kalendertag angehoben worden.


Achtung: Die ursprünglich angedachte Erhöhung der Verpflegungspauschalen ist der Streichliste des Vermittlungsausschusses zum Opfer gefallen. Es bleibt also im Jahr 2024 bei den „alten“ Pauschalen von 14 EUR bei einer Auswärtstätigkeit von mehr als acht Stunden und von 28 EUR bei einer Auswärtstätigkeit von mehr als 24 Stunden.


Dienstwagenbesteuerung
Darf ein Arbeitnehmer einen betrieblichen Elektro-Dienstwagen nutzen, muss er für die Privatnutzung sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen geldwerten Vorteil versteuern.


Bei Kraftstoffbetriebenen Fahrzeugen wird dieser geldwerte Vorteile grds. mit der sog. 1 %-Regelung (maßgeblich ist der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs) bemessen. Für reine Elektrofahrzeuge wird grds. nur die Hälfte der 1 %-Regelung angewandt, diese kann sich unter bestimmten Voraussetzungen sogar auf ein Viertel, also 0,25 % des Bruttolistenpreis, reduzieren. Dafür darf der Bruttolistenpreis des Elektro-Dienstwagens bei Anschaffungen ab dem 01.01.2024 nicht mehr als 70.000 EUR (vorher 60.000 EUR) betragen.


Hinweis: Diese Vergünstigung gilt auch bei Ermittlung des geldwerten Vorteils durch Führen eines (ordnungsgemäßen) Fahrtenbuchs. Hier werden bei Ermittlung der Gesamtaufwendungen für den Elektro-Dienstwagen die Abschreibungsbeträge bzw. die Leasingraten nur zu 1/4 erfasst.

1.3 Hinweise für Vermieter

Keine Freigrenze für Mieteinnahmen
Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah die Einführung einer Freigrenze für Mieteinnahmen bis 1.000 EUR im Kalenderjahr vor. Diese Regelung wurde nicht umgesetzt, d. h. auch im Jahr 2024 bleiben die entsprechenden Einkünfte z.B. aus der Vermietung einer Garage, voll steuerpflichtig.

Hinweis: In Fällen der Untervermietung von Wohnraum gewährt das Finanzamt jedoch nach wie vor eine Befreiung von Einnahmen bis zu 520 EUR im Jahr.

Einführung einer degressiven Gebäudeabschreibung
Eine wichtige und hochinteressante Neuregelung gibt es für Wohnungsvermieter und Investoren: Unter bestimmten Voraussetzungen ist nun für Wohnungsneubauten (nicht für Bestandsimmobilien!) eine Inanspruchnahme einer degressiven Abschreibung (Afa) von 5 %, anstatt der aktuell möglichen linearen Afa von 2 % bzw. 3 % möglich.


Dieses Wahlrecht ist jedoch an strenge zeitliche Vorgaben gebunden:


• Es muss entweder im Zeitraum zwischen dem 01. Oktober 2023 und dem 30. September 2029 mit der Herstellung der Immobilie begonnen werden bzw. worden sein oder
• Die Immobilie muss in diesem Zeitraum erworben werden und der Erwerb findet (oder fand) im Jahr der Fertigstellung des Gebäudes statt.

Es müssen also in der Praxis Herstellungs- und Anschaffungsfälle unterschieden werden. In beiden Varianten gibt es unterschiedliche Anforderungen an die

Möglichkeit der Inanspruchnahme des Wahlrechts.

Hierbei gilt es folgende Spielregeln zu beachten:

Baubeginn: Wurde die Baugenehmigung von der Gemeinde vor dem 01. Oktober 2023 erteilt beginnen die Bauarbeiten aber erst nachweislich nach diesem Datum (Datum der Bauanzeige), kann ein Vermieter von der degressiven Gebäudeabschreibung profitieren.
Wechsel der Afa-Methode: Der Vermieter hat ein Wahlrecht. Er kann jederzeit von der degressiven Gebäudeabschreibung zur linearen Gebäudeabschreibung wechseln.
Zeitanteilige Afa: Wird das vermietete Gebäude während des Jahres fertigstellt, gilt auch bei der neuen 5%igen degressiven Abschreibung, dass die Gebäudeabschreibung in diesem Jahr nur anteilig ab dem Monat der Fertigstellung als Werbungskosten abgezogen werden darf.


Hinweis: Die Regelungen zur Inanspruchnahme der degressiven Gebäude-Afa sind sehr komplex und bedürfen einer individuellen Prüfung des Einzelfalls. Gerne stehen wir Ihnen hier beratend zur Seite und klären, ob diese Steuerbegünstigung für Ihr Objekt in Frage kommt.

1.4 Hinweise für Unternehmer

Aufwendungen für Geschenke
Bislang wurden Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, nur dann als Betriebsausgaben durch das Finanzamt anerkannt, wenn diese den Wert von 35 EUR nicht überstiegen haben. Diese Grenze wurde nun ab dem Jahr 2024 auf 50 EUR angehoben.

Hinweis: Beachten Sie, dass bei der Ermittlung der Wertgrenze Sie alle Geschenke an einen Empfänger pro Jahr zusammenrechnen müssen. Die Grenze gilt also nicht für einzelne Zuwendungen, sondern für alle Geschenke eines Jahres.

Degressive Afa für bewegliche Wirtschaftsgüter


Auch im unternehmerischen Bereich wird die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer degressiven Afa (wieder) eingeführt. Die Möglichkeit anstatt der linearen Afa die degressive Afa in Anspruch zu nehmen ist zeitlich jedoch für Anschaffungen zwischen dem 01. April 2024 und vor dem 01. Januar 2025 eng begrenzt.

Der dabei anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Zweifache des bei der linearen Afa in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen und 20 % nicht übersteigen.

Mitarbeiterbeteiligung
Gewährt ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten unentgeltlich oder verbilligt eine Vermögensbeteiligung am Unternehmen, galt bislang ein Steuerfreibetrag von 1.440 EUR pro Jahr. Ab dem Jahr 2024 erhöht sich dieser Freibetrag auf 2.000 EUR im Jahr.

Sonder-Abschreibung
Unternehmen, die die Gewinngrenze von 200.000 EUR im Vorjahr nicht überschritten haben, können beim Kauf beweglicher Gegenstände für das betriebliche Anlagevermögen neben der regulären Abschreibung auch eine Sonderabschreibung geltend machen. Die Höhe dieser Sonder-Afa (welche auch über vier Jahre gestreckt werden kann) wurde nun ab dem Jahr 2024 von 20 % auf 40 % erhöht.

Hinweis: Neben der Beschränkung der Gewinngrenze ist zu beachten, dass die Sonder-Afa nur für solche Wirtschaftsgüter zulässig ist, die im Jahr der Anschaffung und im Folgejahr jeweils zu 90 % betrieblich genutzt werden.

Neue Grenzen für Einnahme-Überschussrechnung
Kleine Unternehmen dürfen ihre Gewinnermittlung vereinfacht nach den Grundsätzen des Zu- und Abflusses ermitteln und brauchen den Gewinn nicht zwingend nach Bilanzierungsgrundsätzen ermitteln.


Bislang konnte diese vereinfachte Gewinnermittlung nur angewandt werden, wenn nicht mehr als 600.000 EUR an Umsätzen und der Gewinn im Jahr nicht mehr als 60.000 EUR betrug. Diese Grenzen wurden nun auf
• Umsatzgrenze i.H.v. 800.000 EUR und
• Gewinngrenze i.H.v. 80.000 EUR angehoben.

Besonderer Steuersatz bei Thesaurierung
Personenunternehmen müssen grundsätzlich ihren Gewinn – unabhängig ob dieser im Unternehmen verbleibt (sog. Thesaurierung) oder entnommen wird – mit ihrem individuellen Steuersatz der Besteuerung unterwerfen.

Eine Ausnahme hiervon sieht die sog. Thesaurierungsbesteuerung vor, die dazu führt, dass Gewinne, welche im Unternehmen belassen werden, auch nur einer Besteuerung mit einem fixen Steuersatz von 28,25 % unterworfen.

Ab dem Jahr 2024 wurden hier Änderungen vorgenommen, die bei der Berechnung, auf welchen Gewinnanteil überhaupt dieser besondere Steuertarif in Anspruch genommen werden kann, zu einem deutlich höheren begünstigten Gewinnanteil führen. Insbesondere für ertragsstarke Personen-unternehmen bietet sich damit ab dem Jahr 2024 eine neue Möglichkeit der Steueroptimierung.


Hinweis: Die Regelung ist jedoch – nach wie vor – sehr komplex. Gerne beraten wir Sie in einem persönlichen Gespräch über die Vor- und Nachteile der sog. Thesaurierungsbesteuerung.

Elektronische Rechnung wird in Deutschland Pflicht!
Schon mit Wirkung ab dem 01.01.2025 wurde durch das Wachstumschancengesetz die grundsätzliche Verpflichtung zur Ausstellung elektronischer Rechnungen (E-Rechnungen) ins Leben gerufen. Sie greift allerdings „nur“ bei Leistungen zwischen zwei inländischen Unternehmern (inländisches B2B-Geschäft). Außerdem gibt es einige Ausnahmen und abhängig von der Unternehmensgröße gelten verschiedene Übergangsfristen. Auf die wichtigsten Punkte der umfassenden neuen Verpflichtung soll im Folgenden kurz eingegangen werden.

Was ist eine E-Rechnung?


Ab dem 01.01.2025 ist eine E-Rechnung eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Diese Vorgaben werden derzeit z.B. vom sog. XRechnung-Format oder dem ZUGFeRD-Format erfüllt. Eine per E-Mail versandte „bloße“ PDF-Rechnung erfüllt die neuen Vorgaben nicht mehr!

Wer muss ab 2025 E-Rechnungen ausstellen?

Niemand muss sich schon zum 01.01.2025 hinsichtlich der Ausstellung von E-Rechnungen im inländischen B2B-Geschäft umstellen. Das garantieren entsprechende Übergangsregelungen (dazu sogleich).

Aber: Jeder Unternehmer hat ab 2025 das Recht im inländischen B2B-Geschäft E-Rechnungen auszustellen. Eine Zustimmung des Rechnungsempfängers ist nicht länger erforderlich.

Umgekehrt ergibt sich hieraus für alle inländischen Unternehmer ab dem 01.01.2025 die Pflicht, E-Rechnungen empfangen und verarbeiten zu können. Eine erhaltene E-Rechnung kann dann nicht länger zurückgewiesen werden.

Übergangsregelung bis Ende 2026

Für alle Unternehmen gilt eine Übergangsfrist bis 31.12.2026. Bis dahin können auch noch Papierrechnungen versandt werden. Dasselbe gilt für elektronisch übersandte Rechnungen, die die neuen Formatvorgaben nicht erfüllen (z.B. bloße PDF-Datei).

Wer muss ab 2027 E-Rechnungen ausstellen?

Ab 2027 sind dann aber Unternehmen, deren Vorjahresumsatz 800.000 EUR übersteigt, im inländischen B2B-Geschäft verpflichtet, E-Rechnungen nach den neuen Formatvorgaben auszustellen.

Wer muss ab 2028 E-Rechnungen ausstellen?

Ab 2028 sind alle Unternehmen verpflichtet, bei inländischen B2B-Geschäften E-Rechnungen auszustellen.

Noch viele Details offen

Derzeit sind hinsichtlich der neuen Vorgaben noch viele Details unklar. Die Finanzverwaltung hat angekündigt, sich zeitnah zu Zweifelsfragen zu äußern. Die weitere Entwicklung sollte hier verfolgt werden.

Frühzeitige Befassung mit der Thematik

Aufgrund der recht knappen Umsetzungsfristen und den noch offenen Unklarheiten, ist anzuraten, sich möglichst frühzeitig mit den Anforderungen der neuen Regelung und deren Umsetzung auseinanderzusetzen.

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 3 plus 2.