Mandanteninfo November 2023
1. Entwurf eines Wachstumschancengesetzes
In unserer letzten Mandanteninformation hatten wir über den ersten Entwurf eines sog. Wachstumschancengesetzes berichtet. Nachfolgend ein kurzes Update zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens.
Das Gesetz wurde am 02.10.2023 in den Bundestag eingebracht, die erste Lesung fand am 13.10.2023 statt. Der Entwurf wurde unverändert an den Finanzausschuss überwiesen, die 2. und 3. Lesung im Bundestag erfolgte am 17.11.2023.
So weit, so gut – nun aber hat der Bundesrat Stellung zu dem Gesetzentwurf genommen und fordert umfangreiche Änderungen. Die wesentlichen Kritikpunkte sind:
1.1 Klimaschutz-Investitionsprämie
Die Bundesregierung plant anstatt einer ursprünglich angedachten „Super-Afa“ eine Investitionsprämie für die Anschaffung und Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Gegenständen des Anlagevermögens sowie Maßnahmen an bestehenden beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, wenn die Wirtschaftsgüter in einem Energiesparkonzept enthalten sind und dazu dienen, dass der Anspruchsberechtigte im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit die Energieeffizienz verbessert.
Angedacht ist eine Förderung in Höhe von 15 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen (natürliche Personen und Unternehmen) von entsprechenden Investitionen bis zum Jahr 2028.
Der Bundesrat lehnt diese angedachte Förderung aufgrund der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation der Länder als „zu teuer“ ab, soweit keine umfassende Kompensation der finanziellen Belastungen der Länder und Gemeinden in Form von einer zusätzlichen Beteiligung an den Umsatzsteuereinnahmen erfolgt.
Hinweis: Entsprechende Förderanträge sind auch nach dem aktuellen Gesetzentwurf erst ab dem Jahr 2025 möglich. Es ist zu erwarten, dass die Klimaschutz-Investitionsprämie in ein eigenes Gesetzgebungsverfahren ausgelagert wird.
1.2 GWG-Grenze und Sonderposten
Der Gesetzentwurf sieht die Anhebung der Grenze sog. geringwertige Wirtschaftsgüter von 800 € auf 1.000 € ab dem Jahr 2024 vor.
Daneben ist eine Heraufsetzung der Betragsgrenze für die Bildung eines Sammelpostens für die Abschreibung der Anschaffungs-/ Herstellungskosten von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von 1.000 € auf 5.000 € vorgesehen. Zusätzlich soll die Auflösung des Sammelpostens von derzeit fünf auf drei Jahre verkürzt werden.
Der Bundesrat fordert eine weitergehende Vereinfachung dahingehend, dass die Grenze zur Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter auf 2000 € angehoben wird und die Poolabschreibung (Sammelposten) vollständig gestrichen wird.
1.3 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Steuerbefreiung für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, soweit die Einnahmen pro Jahr weniger als 1.000 € betragen, lehnt der Bundesrat ab.
Daneben fordert der Bundesrat jedoch eine gesetzliche Regelung zum Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes. Hier soll dem BMF die Möglichkeit eingeräumt werden, entsprechende Vorgaben für den Ansatz einer kürzeren Nutzungsdauer über Verwaltungsanweisungen zu bestimmen.
Hinweis: Dem Bundesrat ist hierbei die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ein Dorn im Auge, wonach sich der Steuerpflichtige zum Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer bei Gebäuden „jeder Darlegungsmethode bedienen kann“ - ein gesondertes Gutachten eines Sachverständigen ist hiernach nicht notwendig. Die Finanzverwaltung lehnt die Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung bislang ab.
1.4 Verlustabzug
Angedacht ist, den Verlustrücktrag auf drei Jahre auszudehnen und daneben die sog. Mindestbesteuerung beim Verlustvortrag für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 von derzeit 60 % temporär auf 80 % anzuheben.
Dem Bundesrat gehen diese Vorschläge zu weit. Insbesondere sehen die Länder hier bei der Erweiterung der Mindestbesteuerung eine zu hohe Belastung kleinerer Kommunen aufgrund zu erwartender GewSt-Ausfälle.
1.5 Elektromobilität
Zur weiteren Förderung der Elektromobilität soll die Begünstigung auf die Begrenzung des geldwerten Vorteils auf ¼ des Bruttolistenpreises bei reinen E-Fahrzeugen von 60.000 € auf 80.000 € des Bruttolistenpreises des Kraftfahrzeugs angehoben werden.
Nicht zielgenau meint der Bundesrat. Die Förderung solle besser über die Ausweitung des Umweltbonus als über steuerliche Regelungen erfolgen. Daneben soll die Begünstigung des halben Listenpreises bei Hybridfahrzeugen nur noch dann greifen, wenn das Fahrzeug eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 g je gefahrenen Kilometer hat.
1.6 Rentenbesteuerung
Bei der Rentenbesteuerung sieht der Gesetzentwurf zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung ab dem Jahr 2023 einen Anstieg des Besteuerungsanteils von lediglich einem halben Prozentpunkt jährlich vor. Für die Kohorte 2023 soll demnach der maßgebliche Besteuerungsanteil anstatt 83 % nur noch 82,5 % betragen. Eine Vollversteuerung wird nach dieser Anpassung erstmals für die Kohorte 2058 erreicht werden.
Dem Bundesrat geht dies nicht weit genug. Dieser befürchtet, dass trotz der Glättung des Besteuerungsanteils Doppelbesteuerungen in Einzelfällen nicht vermieden werden können. Konkrete Alternativen zeigt der Bundesrat jedoch nicht auf, sondern regt ein gesondertes Gesetzgebungsverfahren an.
1.7 Thesaurierungsbegünstigung
Die Thesaurierungsbegünstigung für unternehmerische Gewinne von Personenunternehmen soll vollständig reformiert und attraktiver gestaltet werden.
Der Bundesrat steht dieser Idee nicht entgegen, fordert aber eine Verschiebung auf das Jahr 2025 um den erforderlichen „programmtechnischen Umsetzungsaufwand“ bewältigen zu können.
1.8 Fazit
Insbesondere in dem neuen „Wachstumsmotor“ der Klimaschutz-Investitionsprämie liegen Bundesregierung und die Länder über Kreuz. Daneben gehen in einer Vielzahl von angedachten Neuregelungen den Ländern die Begünstigungen zu weit.
2. Photovoltaikanlagen: Fragen + Antworten
Es erreichen uns in den letzten Wochen viele Anfragen zu der (rückwirkend ab dem Jahr 2022) geltenden Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen.
Anbei ein paar ausgewählte Fragen und unsere Antworten hierzu.
Frage
Wie ist ein Carport einzuordnen, der ein paar Meter entfernt vom Wohnhaus steht?
Antwort
Ein Carport wird vom BMF als Nebengebäude behandelt.
Gehört der Carport zu einem Einfamilienhaus, gilt die 30 kWp-Grenze. PV-Anlagen auf dem Carport und auf dem Haus sind zusammenzurechnen.
Frage
Auf einem gewerblichen Gebäude mit vier Einheiten ist eine PV-Anlage installiert. Zusätzlich gibt es eine Lagerhalle. Ist diese ein eigenständiges Gebäude oder ein Nebengebäude?
Antwort
Eine Definition, was unter einem Nebengebäude zu verstehen ist, gibt die Finanzverwaltung leider nicht. Es zählt als Beispiele lediglich das Gartenhaus, die Garage oder den Carport auf.
Nach unserem Verständnis ist die Lagerhalle aber kein Nebengebäude, da es nicht nur ein Hauptgebäude ergänzt. Sondern die Lagerhalle ist selbständig nutzbar und damit ein eigenständiges Gebäude. Es könnte u. E. eine weitere PV-Anlage mit bis zu 30 kWp auf der Lagerhalle steuerfrei installiert werden.
Frage
Greift die Steuerfreiheit auch, wenn die PV-Anlagen auf fremden, nur angemieteten Hausdächern installiert werden?
Antwort
Für die Steuerfreiheit ist erforderlich, dass man Betreiber der PV-Anlage ist.
Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der Photovoltaikanlage auch Eigentümer des Gebäudes ist, auf, an oder in dem sich die Photovoltaikanlage befindet.
Frage
Was passiert, wenn ein Betreiber auf einem Einfamilienhaus zwei PV-Anlagen betreibt; eine PV-Anlage hat eine Leistung von 15 kWp, die andere von 32 kWp.
Antwort
Es ist bei der Prüfung der Leistungsgrenze eine gebäudebezogene Betrachtung je Steuerpflichtigen vorzunehmen. Alle PV-Anlagen, die derselbe Steuerpflichtige auf einem Haus betreibt, sind zusammenzurechnen.
Es handelt sich bei dem Einfamilienhaus um ein Gebäude mit einer maßgeblichen Grenze von 30,00 kWp. Da die PV-Anlagen in Summe eine Leistung von 47 kWp haben, sind beide Anlagen steuerpflichtig.
Frage
Wir haben zu zweit jeweils Module für eine Photovoltaikanlage erworben, teilen uns aber einen Wechselrichter. Wie viele PV-Anlagen liegen vor?
Antwort
Eine Photovoltaikanlage besteht üblicherweise aus Solarmodulen, einem Wechselrichter und einem Einspeisepunkt mit Einspeisezähler.
Wenn sich die Module nur einen Wechselrichter „teilen“, liegt nur eine PV-Anlage vor.
Frage
Was passiert, wenn sich während des Jahres die Verhältnisse durch den Rückbau einer PV-Anlage ändern?
Antwort
Bei einer unterjährigen Veränderung hinein oder heraus aus der Steuerbefreiung ist die Steuerbefreiung zeitanteilig anzuwenden. D. h. ab dem Zeitpunkt des Rückbaus der PV-Anlage greift die Steuerfreiheit.
Beachten Sie: Die (neue) niedrigere Leistung muss im Marktstammdatenregister eingetragen werden.
Weitergehende Fragen?
Sie haben weitere Fragen rund um die Steuerbefreiung von PV-Anlagen? Gerne beantworten wir auch Ihre Anfrage in einem persönlichen Gespräch.
3. Keine Pauschalierung der Lohnsteuer für Gesellschafter - Geschäftsführer.
Ein Alleingesellschafter ist kein Beschäftigter i.S.d. Sozialversicherungsrechts, da es an der erforderlichen Weisungsgebundenheit fehlt. Auch wenn der Alleingesellschafter selbst kein Geschäftsführer ist, ist der bestellte Geschäftsführer vom Willen des Alleingesellschafters abhängig und kann jederzeit von diesem abberufen werden.
Aus diesem Grund kann ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen auch kein geringfügig Beschäftigter (sog. Minijobber) der GmbH sein. Diese Grundsätze gelten auch bei der Frage der Pauschalierung der Lohnsteuer entschied der BFH. Diese ist nur bei geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern i.S.d. Sozialversicherungsrechts möglich, nicht jedoch bei entsprechend angestellten Gesellschaftern einer GmbH.
Beachten Sie: Die Geringfügigkeitsgrenze, bis zu der eine geringfügig entlohnte Beschäftigung möglich ist, wurde zum 1.10.2022 an den jeweils gelten Mindestlohn gekoppelt und damit von 450 € auf 520 € im Monat angehoben. Zum 1.1.2024 könnte sie durch eine geplante Anhebung des Mindestlohns auf 12,41 € auf 538 € steigen.
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