Mandanteninfo Oktober 2023

1. Homeoffice im EU-Ausland
Dezentrales Arbeiten auch im Ausland ist spätestens seit der Corona-Pandemie keine Seltenheit. Für EU-Sachverhalte wurde zum 1.7.2023 ein neues Antragsrecht zur sozialversicherungsrechtlichen Einordnung eingeführt.
Sozialversicherungsrechtliche Einordnung: Der physische Arbeitsort ist ein entscheidendes Kriterium für das anwendbare Sozialversicherungsrecht. Homeoffice im Ausland kann daher zu einem sozialversicherungsrechtlichen Wechsel führen, wenn der Sitz des Arbeitgebers im Inland liegt. Bisher galt: Für einen Arbeitnehmer mit Arbeitgeber in Deutschland besteht weiterhin die Sozialversicherungspflicht in Deutschland, wenn die Telearbeit im ausländischen Wohnstaat einen Anteil von 25% nicht übersteigt.
Ein neues multilaterales Rahmenübereinkommen über die Anwendung von Art. 16 Abs. 1 VO (EG) 883/04 bei gewöhnlicher grenzüberschreitender Telearbeit soll Beschäftigten ab dem 1.7.2023 unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einräumen, auf Antrag im Sozialversicherungssystem des Arbeitgebers zu verbleiben, wenn „die grenzüberschreitende Telearbeit im Wohnstaat weniger als 50 % der Gesamtarbeitszeit ausmacht“.
Deutschland ist diesem Abkommen beigetreten. Im konkreten Einzelfall sind ein Beitritt des betroffenen EU-Wohnstaats sowie die weiteren Voraussetzungen zu prüfen, um ggf. von der Neuregelung zu profitieren.
Hinweis: Die Neuregelung wird v.a. für Grenzpendler von Nutzen sein und andere Arbeitnehmer, die auch zu wesentlichen Teilen am Sitz des inländischen Arbeitgebers tätig sind. Sie betrifft nur das Sozialversicherungsrecht. Steuerliche Folgen bei Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind davon nicht betroffen!

 

2. Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen durch Mieter
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bestätigt, dass Mieter Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen auch dann steuermindernd geltend machen können, wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben.
Die Kläger wohnten in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Nach Ansicht der Finanzverwaltung (und der Vorinstanz) entsprachen diese Unterlagen aber nicht dem vorgegebenen Muster der Finanzverwaltung. Sie lehnten den Abzug daher ab.
Der BFH entschied anders. Seiner Ansicht nach reicht es für die Gewährung der Steuerermäßigung aus, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zu Gute gekommen. Einen Vertrag zwischen dem Mieter und dem Handwerker bedarf es nicht. Soweit das Gesetz zudem verlange, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt sei, genüge als Nachweis auch eine Wohnnebenkostenabrechnung oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht. Aus beiden müsse sich allerdings Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben.
Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibt es dem Finanzamt unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.
Diese Rechtsprechung gilt entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. deren Verwalter erfolgt ist.

 

3. Dienstreisen mit dem privaten Fahrrad.
Immer mehr Arbeitnehmer nutzen ihr Fahrrad auch für berufliche Zwecke. Die Bundesregierung hat nun zu der Frage Stellung genommen, wie Steuerpflichtige entsprechende Fahrtkosten im Rahmen einer Dienstreise geltend machen können.
Wird eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit ausgeübt, so gilt für die steuerliche Berücksichtigung der mit dieser Tätigkeit zusammenhängenden Fahrtkosten, dass die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels tatsächlich entstehenden Aufwendungen als Werbungskosten angesetzt oder in dieser Höhe durch den Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden können.
Die Bundesregierung weist darauf hin, dass bei der Benutzung eines Fahrrads für Dienstreisen kein Ansatz pauschaler Kilometersätze greift. Denn diese Wegstreckenentschädigung seien nur für folgende Fälle vorgesehen:
• für die Benutzung eines Kraftwagens, z. B. PKW 0,30 Euro und
• für jedes andere motorbetriebene Fahrzeug 0,20 Euro für jeden gefahrenen Kilometer.
Fahrräder kommen daher – mangels Motorbetrieb – nicht in die Anwendung der pauschalen Km-Sätze!
Beachten Sie: Auch ein sog. E-Bike/Pedelec mit einer Maximalen Nenndauerleistung von 250 Watt und Unterstützung bis 25 Km/h gelten nicht als Fahrzeuge.
Folge: Für Dienstreisen mit einem privaten Fahrrad können somit die dem Arbeitnehmer entstandenen Fahrtkosten lediglich über den anhand der tatsächlichen Aufwendungen ermittelten persönlichen Kilometersatz uneingeschränkt als Werbungskosten geltend gemacht bzw. steuerfrei durch den Arbeitgeber erstattet werden. Im Ergebnis muss der Arbeitnehmer daher auch seine Gesamtfahrleistung im Jahr dokumentieren. Die Bundesregierung geht nicht weiter auf die Frage ein, wie dieses erfolgen soll (z.B. durch Führen eines Fahrtenbuchs?)
Hinweis: Diese strenge und wenig praxistaugliche Sichtweise gilt nur für Dienstreisen mit dem Fahrrad. Für Wege zur ersten Tätigkeitsstätte gilt die Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden Entfernungskilometer unabhängig von der Art des Transportmittels und somit auch für die Zurücklegung mit einem Fahrrad.

4. Verzicht auf eine angemessene Verzinsung als verdeckte Gewinnausschüttung
Der Verzicht auf eine angemessene Verzinsung einer auf einem Gesellschafterverrechnungskonto verbuchten Darlehensforderung einer GmbH kann zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen.
Hintergrund
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. 60 % der GmbH-Anteile hält A, der auch Geschäftsführer der Klägerin ist. Nach § 14 des Gesellschaftsvertrags ist ein ausgeschlossener Gesellschafter zur Abtretung seines Geschäftsanteils gegen Entgelt verpflichtet. Das Finanzamt wertete die nicht angemessene Verzinsung einer auf einem Verrechnungskonto ausgewiesenen Forderung der Klägerin gegenüber ihrem Gesellschafter in den Streitjahren 2014 und 2015 als verdeckte Gewinnausschüttung in Gestalt einer verhinderten Vermögensmehrung. Das FG hat auf einen einkommens- und gewerbeertragserhöhenden Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung "dem Grunde nach" erkannt.
Entscheidung:
Gegen diese Bewertung des FG hat der BFH aus revisionsrichterlicher Sicht nichts einzuwenden.
Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist i. d. R. anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte ("Fremdvergleich"). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.
Das FG ist im Urteilsfall zu Recht davon ausgegangen, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag. Das Verrechnungskonto, das einen Saldo zugunsten der Klägerin aufwies, war in den Streitjahren unverzinst geblieben. Aus Sicht der darlehensgebenden GmbH ist daher von einer verhinderten Vermögensmehrung auszugehen, ungeachtet des Umstands, dass in den Streitjahren ein Niedrigzinsniveau herrschte und im Falle der Geldanlage bei Banken sogar "Strafzinsen" (Verwahrentgelte) drohten. Der bankübliche Habenzins, der tatsächlich in den Streitjahren nahezu bei Null lag, ist nicht der alleinige Maßstab für die Fremdvergleichsprüfung. Die Tatsache, dass die GmbH keine Bankgeschäfte betreibt und deshalb auch nicht den damit verbundenen ("einzupreisenden" banküblichen) Aufwand hat, führt nicht dazu, dass der Sollzinssatz als Fremdvergleichsmaßstab ausschiede und sich die Schätzung allein am Habenzinssatz zu orientieren hätte. Vielmehr ist dann grundsätzlich nicht allein auf den banküblichen Sollzinssatz abzustellen, sondern ein darunter liegender – also ein sich zwischen Haben- und Sollzinssatz bewegender – Zinssatz heranzuziehen.
Im Übrigen spricht für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung auch der Umstand, dass der Senat in dem nicht vergüteten Entzug von Liquidität zu Lasten der Kapitalgesellschaft regelmäßig eine vGA angenommen hat. Denn es ist zwischen fremden Dritten grundsätzlich nicht vorstellbar, dass Kapital und die damit verbundene Nutzungsmöglichkeit (Ertragschance) unentgeltlich und – wie im Streitfall – ohne Sicherheiten zur Verfügung gestellt wird. Außerdem nimmt der Entzug von Liquidität der das Kapital überlassenden Gesellschaft zumindest die Möglichkeit, mit der eigenen Geschäftstätigkeit eine Eigenkapitalverzinsung herbeizuführen.
Der erkennende Senat hat für Fälle, in denen eine Gesellschaft für den bei ihr angestellten Gesellschafter ein unangemessen verzinstes Verrechnungskonto führt, zur Bemessung des angemessenen Zinssatzes den schlagwortartig als "Margenteilungsgrundsatz" bezeichneten Erfahrungssatz als sachgerecht anerkannt. Sind hiernach keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, ist es nicht zu beanstanden, wenn davon ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen. An diesem Grundsatz hat sich das FG im Urteilsfall ohne Rechtsfehler orientiert.
Im Ergebnis ist somit ein Mittelwert zwischen dem Soll- und Habenzinssatz für die Verzinsung von Gesellschafterverrechnungs-konten ausreichend.

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